"Ich habe als Frau das Unternehmen eines Mannes übernommen. Von einigen Kunden wurde mir anfangs klare Ablehnung entgegengebracht", erklärt Helle Faupel. Eine bittere Erfahrung, die auch heute noch vorkommt.
Helle Faupel ist Unternehmerin in der Kunststofftechnik. 1982 zur Kunststoff-Formgeberin ausgebildet, folgte 1990 die Weiterbildung zur Industriemeisterin Kunststoff und Kautschuktechnik. Das 1995 gegründete Unternehmen HF-Kunststofftechnik hat Helle Faupel 2021 als alleinige Gesellschafterin übernommen.
Die Kunststofftechnik-Branche ist überschaubar, die Geschäftspartnerschaften sind überregional verstreut. Als rothaarige Frau inmitten von Männern war ihr von Anfang klar, dass es keine Option sein wird, sich zu verstecken. Stattdessen hat sie die Ärmel hochgekrempelt und steht als starke Vorbildfrau auf.
Im Business-Impuls am Montag, den 11. November um 12:00 Uhr wird Helle Faupel uns von ihrem, teils steinigen Weg in der Industrie berichten - und sie verrät uns, was sie bis heute antreibt, jeden Tag aufzustehen und zu zeigen, dass Frauen ebenso Expertinnen sein können wie ihre männlichen Kollegen. Im Vorfeld hat sie einige Fragen beantwortet, die Lust machen, online live dabei zu sein und in die Diskussion einzusteigen.
Was müssen Unternehmerinnen und Gründerinnen über ein Geschäftsmodell in der Industrie wissen?
Dein Produkt muss preiswerter als das Wettbewerbsprodukt sein und weitere Benefits bieten. Der Wettbewerb ist beinhart und weltweit. Der Wettbewerb ist unfair, da in jedem Land andere Kostenstrukturen herrschen. Weiter musst du dir im Klaren sein, dass der Weg zum Erfolg sehr lang und steinig ist. Du musst die Entwicklung, das Absichern (Patente/Gebrauchsmuster), das Marketing, den Vertrieb vorfinanzieren.
Was sagt es über den Wert eines Unternehmens aus, das von Frauen geführt wird?
Das muss man differenzieren. Während es im „klassischen Sinn“ weniger Wert ist, weil Frauen vielerorts mmer noch als „billige“ Arbeitskräfte mit wenig Knowhow angesehen werden, sehe ich einen Mehrwert in ihrem sozialeren Umgang und eine größere Strukturiertheit.
Bei einem Unternehmensverkauf oder einer Übernahme ist man als Frau sicher im Nachteil, weil aus o.g. Gründen die „weichen“ Faktoren häufig negativ bewertet werden. Die harten, buchhalterischen Fakten sind zwar unumstößlich, zählen aber leider nicht allein.
Welchen Unterschied macht es für dich und euch?
Für mich persönlich bzw. mein Unternehmen spielt es keine Rolle, ob ein Unternehmen frauengeführt, weiblich oder männlich ist. Entscheidend ist, dass die Geschäfte für alle Seiten einen Benefit haben und sich alle Beteiligten weiterentwickeln können.
Aufgrund negativer Erfahrungen mit den „alten, grauen Herren" fällt es mir jedoch leichter, eine Beziehung zu einer Frau als Geschäftspartnerin aufzubauen.
Wann ist es für die Unternehmerin interessant, sich mit der Frage zu beschäftigen, ganz bewusst (nur) Frauen einzustellen?
Ich würde sagen, wenn es um den sozialeren Umgang und größere Strukturiertheit, besonders in der Kommunikation, geht. Nachdem wir von einem Mitarbeiter im Stich gelassen worden sind, wurden wir unbeabsichtigt zu einem reinen Frauenunternehmen. Das entpuppte sich allerdings als Glücksfall, denn so entwickelte sich eine sozialere Gemeinschaft, die es schafft, alle Herausforderungen zu überwinden. Entweder gemeinsam, oder durch Arbeitsteilung konnten wir bisher alle Probleme lösen. Irgendwie und irgendwo kann jede immer etwas zur Weiterentwicklung beitragen.
Auch im Bereich flexibler Arbeitszeiten funktioniert unser Frauenbetrieb prima. So funktioniert stundenweises Arbeiten von Müttern, deren Kind(er) in Kindergarten oder Schule sind, bei uns hervorragend. Auch diese Damen sind vollwertiger Bestandteil unseres Teams.
Welche konkreten Handlungsschritte empfiehlst du, um Frauen im Unternehmertum weiter zu stärken?
Das muss früh anfangen! Bereits im Kindergarten muss dafür gesorgt werden, dass Mädchen und Jungen gleichberechtigt sind. Das muss in der Schule auch so weitergehen. Dort können wir erfahreneren Unternehmerinnen die jungen Frauen bei Girls Day's oder ähnlichen Veranstaltungen abholen und sie zu Selbständigkeit und Selbstbewusstsein ermutigen. Bei Gründungen oder Übernahmen im Technologiebereich wünsche ich mir höhere Fördersätze oder Steuervergünstigungen vom Staat, genauso wie Schulungen oder Lehrgänge im Bereich Betriebswirtschaft / Marketing für Frauen vom Arbeitsamt oder Bildungseinrichtungen.
Da nur 16% der deutschen Unternehmen frauengeführt sind, ist das Netzwerken sehr, sehr wichtig.
Welche Erfahrungen hast Du in Bezug auf deine Gründung in der Industrie gemacht und was willst Du deshalb in der Welt verändern?
Ich habe als Frau das Unternehmen eines Mannes übernommen. Von einigen, wenigen Kunden wurde mir anfangs klare Ablehnung entgegengebracht. Das hat sich nach mittlerweile drei Jahren weitestgehend „normalisiert“. Dennoch verffallen die alten Kundenbeziehungen, obwohl meine Bemühungen nicht am Einsatz von Geld, Zeit und Arbeit scheitern. So wird oft ein teurerer Wettbewerber bevorzugt und eine "bessere Qualität" wird als Argument herangezogen.
Aus der anfänglich offenen Diskriminierung ist mittlerweile eine stille geworden. Neue Kunden sind schwer zu gewinnen. Als Frau muss ich mich deutlich mehr beweisen. Deshalb möchte ich dazu beitragen, dass Frauen gleichberechtigt als Geschäftspartner:nnen anerkannt werden. Gemeinsam sind wir noch stärker!
Was müssen Unternehmerinnen und Führungsfrauen unbedingt beachten und für sich mitnehmen?
Bleibt hartnäckig, ausdauernd und konsequent! Überzeugt mit technischem Knowhow und bleibt faire Geschäftspartnerinnen.